Fertigkeitsproben in Pen-and-Paper-Rollenspielen

Was ist eine Fertigkeitsprobe?

Eine Fertigkeitsprobe, auch Skill Check, Talentprobe oder einfach Probe genannt, ist ein zentraler Mechanismus in vielen Pen-and-Paper-Rollenspielen (P&P RPGs). Sie wird verwendet, um den Ausgang einer Aktion zu bestimmen, die auf den erlernten Fähigkeiten eines Charakters basiert. Immer dann, wenn ein Charakter versucht, eine Aufgabe zu bewältigen, deren Erfolg nicht garantiert ist und die mit seinen Fertigkeiten zusammenhängt, kann der Spielleiter eine Fertigkeitsprobe verlangen.

Fertigkeitsproben sind ein wichtiges Werkzeug, um die Fähigkeiten eines Charakters zu testen, Spannung zu erzeugen und den Ausgang von unsicheren Situationen zu bestimmen. Sie sind eng mit dem Fertigkeitensystem des jeweiligen Rollenspiels verbunden und tragen dazu bei, dass die Charaktere und ihre individuellen Stärken und Schwächen im Spiel zum Tragen kommen.

Ablauf einer Fertigkeitsprobe

Obwohl die genauen Regeln für Fertigkeitsproben von System zu System variieren, folgt der Ablauf in der Regel einem ähnlichen Schema:

  1. Der Spielleiter entscheidet, ob eine Probe erforderlich ist: Nicht jede Aktion erfordert eine Fertigkeitsprobe. Für alltägliche Aufgaben, die ein Charakter mit Leichtigkeit bewältigen kann, ist in der Regel kein Wurf notwendig. Der Spielleiter entscheidet, wann eine Situation unsicher genug ist, um eine Probe zu verlangen.
  2. Die relevante Fertigkeit wird bestimmt: Der Spielleiter legt fest, welche Fertigkeit für die jeweilige Aktion am relevantesten ist. Möchte der Charakter z. B. eine verschlossene Tür knacken, könnte die Fertigkeit "Schlösser knacken" relevant sein. Will er einen Händler beim Feilschen übervorteilen, könnte es sich um "Handeln" oder "Überreden" handeln.
  3. Der Spieler bestimmt den Wert der Fertigkeit: Der Spieler schaut auf dem Charakterbogen nach, wie hoch der Wert seines Charakters in der entsprechenden Fertigkeit ist. Oft wird der Wert der Fertigkeit noch durch ein zugehöriges Attribut modifiziert.
  4. Der Spielleiter legt den Schwierigkeitsgrad fest: Der Spielleiter bestimmt, wie schwierig die Aktion ist, und legt einen entsprechenden Zielwert oder eine Schwierigkeitsklasse fest. Je schwieriger die Aufgabe, desto höher der Zielwert.
  5. Der Spieler würfelt: Der Spieler würfelt mit dem vom System vorgegebenen Würfel (z. B. W20 in *D&D*, W100 in *Call of Cthulhu*) und addiert oder subtrahiert gegebenenfalls den Fertigkeitswert und andere Modifikatoren.
  6. Das Ergebnis wird verglichen: Das Endergebnis des Wurfs wird mit dem Zielwert verglichen. Ist das Ergebnis gleich oder höher als der Zielwert (oder in manchen Systemen gleich oder niedriger als der Fertigkeitswert), ist die Probe gelungen. Andernfalls ist sie misslungen.
  7. Der Spielleiter beschreibt das Ergebnis: Der Spielleiter beschreibt, was passiert, basierend auf dem Ergebnis der Probe und den Umständen der Situation. Bei einem Erfolg gelingt die Aktion, bei einem Misserfolg scheitert sie oder hat negative Konsequenzen. Manche Systeme kennen auch Erfolgsgrade, die angeben, wie gut oder schlecht etwas gelungen ist.

Bestandteile einer Fertigkeitsprobe

Eine Fertigkeitsprobe setzt sich in der Regel aus den folgenden Elementen zusammen:

  • Fertigkeitswert: Der Wert, der angibt, wie gut ein Charakter in einer bestimmten Fertigkeit ist. Er setzt sich oft aus dem Basiswert der Fertigkeit, dem zugehörigen Attributsmodifikator und anderen Boni zusammen.
  • Würfelwurf: Der Zufallsfaktor, der in die Probe eingebracht wird. Die Art und Anzahl der verwendeten Würfel variiert je nach System.
  • Modifikatoren: Boni oder Mali, die auf den Wurf oder den Zielwert angewendet werden, um besondere Umstände, Hilfsmittel oder Schwierigkeitsgrade zu berücksichtigen.
  • Zielwert/Schwierigkeitsgrad: Der Wert, der erreicht oder übertroffen (in manchen Systemen auch: erreicht oder unterschritten) werden muss, damit die Probe gelingt.
  • Erfolgsgrade: In manchen Systemen gibt es Abstufungen von Erfolg oder Misserfolg, die über ein einfaches "gelungen" oder "gescheitert" hinausgehen (siehe vorherigen Artikel zu Erfolgsgraden).

Modifikatoren und situationsbedingte Faktoren

Fertigkeitsproben können durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, die sich in Form von Modifikatoren auf den Wurf oder den Zielwert auswirken. Einige Beispiele sind:

  • Situationsbedingte Modifikatoren: Besondere Umstände können die Probe erschweren oder erleichtern. Z. B. könnte das Knacken eines Schlosses bei schlechten Lichtverhältnissen schwieriger sein, während das Überreden eines wohlgesinnten NSCs leichter sein könnte als das eines feindseligen.
  • Hilfsmittel und Ausrüstung: Der Einsatz von Werkzeugen, Hilfsmitteln oder spezieller Ausrüstung kann Boni auf die Probe gewähren. Z. B. könnte ein Dietrich-Set das Knacken von Schlössern erleichtern oder eine Kletterausrüstung das Erklimmen einer Felswand.
  • Unterstützung durch andere Charaktere: Oft können sich Charaktere bei Proben gegenseitig unterstützen. In vielen Systemen gewährt dies einen Bonus auf die Probe.
  • Zustände und Beeinträchtigungen: Bestimmte Zustände wie "vergiftet", "verängstigt" oder "erschöpft" können Mali auf Fertigkeitsproben nach sich ziehen.
  • Zeitdruck: Wenn eine Aktion unter Zeitdruck ausgeführt werden muss, kann dies die Probe erschweren.

Erfolgsgrade und kritische Ergebnisse

Wie bereits im vorherigen Artikel zu Erfolgsgraden erwähnt, differenzieren manche Systeme zwischen verschiedenen Graden von Erfolg oder Misserfolg. So kann z. B. ein Wurf, der den Zielwert nur knapp erreicht, einen Teilerfolg darstellen, während ein Wurf, der den Zielwert deutlich übertrifft, einen besonderen Erfolg bedeuten kann.

Viele Systeme kennen auch kritische Erfolge und kritische Misserfolge (auch Patzer genannt). Ein kritischer Erfolg tritt in der Regel ein, wenn der Spieler die maximal mögliche Zahl auf dem Würfel erzielt (z. B. eine 20 auf einem W20). Er bedeutet oft, dass die Aktion besonders gut gelungen ist und zusätzliche positive Effekte hat. Ein kritischer Misserfolg tritt in der Regel ein, wenn der Spieler die minimal mögliche Zahl würfelt (z. B. eine 1 auf einem W20). Er bedeutet, dass die Aktion spektakulär gescheitert ist und möglicherweise negative Konsequenzen nach sich zieht.

Fertigkeitsproben in verschiedenen Systemen

Hier sind einige Beispiele, wie Fertigkeitsproben in verschiedenen Systemen gehandhabt werden:

  • Dungeons & Dragons (5. Edition): Der Spieler würfelt einen W20, addiert den relevanten Fertigkeitsmodifikator (der sich aus dem zugehörigen Attribut und dem Übungsbonus zusammensetzt) und vergleicht das Ergebnis mit der vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeitsklasse (DC).
  • Pathfinder: Funktioniert ähnlich wie D&D, verwendet aber oft höhere Fertigkeitswerte und erlaubt es den Spielern, "10 zu nehmen" oder "20 zu nehmen", wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Das Schwarze Auge: Hier werden drei W20 gewürfelt und mit den Attributswerten verglichen, die für die jeweilige Fertigkeit relevant sind. Die Differenzen addieren sich zu den "Qualitätspunkten", die den Erfolg oder Misserfolg einer Aktion festlegen.
  • Shadowrun: Der Spieler würfelt einen Pool aus W6, dessen Größe vom Fertigkeitswert und dem zugehörigen Attribut abhängt. Jede gewürfelte 5 oder 6 zählt als Erfolg. Die Anzahl der Erfolge wird mit einem Grenzwert verglichen, der die Schwierigkeit der Aktion darstellt.
  • World of Darkness: Ähnlich wie bei *Shadowrun* wird ein Pool aus W10 gewürfelt, wobei hier jede 8, 9 oder 10 als Erfolg zählt (der Schwierigkeitsgrad kann variieren). Die Anzahl der Erfolge bestimmt den Grad des Erfolgs.
  • Fate: Hier werden vier spezielle Würfel (Fate-Würfel) verwendet, die jeweils zwei leere Seiten, zwei Seiten mit einem "+" und zwei Seiten mit einem "-" haben. Die Summe der gewürfelten "+" und "-" wird zum Fertigkeitswert addiert und mit einem Zielwert verglichen oder gegen den Wurf eines Gegners antreten gelassen.

Tipps für den Umgang mit Fertigkeitsproben

Hier sind einige Tipps für Spieler und Spielleiter im Umgang mit Fertigkeitsproben:

  • Kenne deine Werte: Als Spieler solltest du die Fertigkeitswerte deines Charakters und die relevanten Modifikatoren gut kennen, um schnell und effizient würfeln zu können.
  • Nutze deine Stärken: Versuche, Situationen zu schaffen, in denen die Stärken deines Charakters zum Tragen kommen und du deine besten Fertigkeiten einsetzen kannst.
  • Sei kreativ: Überlege dir alternative Einsatzmöglichkeiten für deine Fertigkeiten und scheue dich nicht, ungewöhnliche Lösungen vorzuschlagen. Nicht jede Situation ist mit roher Gewalt zu bewältigen.
  • Absprache im Team: Sprich dich mit deinen Mitspielern ab und kombiniert eure Fertigkeiten, um Herausforderungen gemeinsam zu meistern.
  • Beschreibe deine Aktionen: Anstatt nur zu sagen "Ich mache eine Probe auf Überreden", beschreibe, wie dein Charakter vorgeht, welche Argumente er verwendet oder wie er versucht, sein Gegenüber zu manipulieren. Dies macht das Spiel lebendiger und kann dem Spielleiter Anhaltspunkte für Modifikatoren geben.
  • Als Spielleiter: Sei fair und konsistent bei der Festlegung von Schwierigkeitsgraden. Mache den Spielern klar, welche Fertigkeit für eine bestimmte Aktion relevant ist und welche Modifikatoren gelten. Belohne kreative Lösungen und gutes Rollenspiel.
  • Würfle nicht zu oft: Nicht jede Aktion erfordert eine Fertigkeitsprobe. Lass die Spieler alltägliche Aufgaben automatisch schaffen, wenn es keine relevanten Konsequenzen hat oder die Situation nicht spannend ist.

Fazit

Fertigkeitsproben sind ein zentrales Element vieler Pen-and-Paper-Rollenspiele und eine wichtige Methode, um den Ausgang von unsicheren Aktionen zu bestimmen. Sie tragen dazu bei, die Fähigkeiten der Charaktere zu differenzieren, Spannung zu erzeugen und die Geschichte voranzutreiben. Ein gutes Verständnis der Regeln und ein geschickter Einsatz von Fertigkeitsproben sind entscheidend für ein erfolgreiches und unterhaltsames Spielerlebnis. Ob man nun ein erfahrener Veteran oder ein Neuling am Spieltisch ist, die Beherrschung der Fertigkeitsproben ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem wahrhaft meisterhaften Rollenspieler.