Der W20 (zwanzigseitige Würfel) in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden

Der W20 (zwanzigseitige Würfel) in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden

Was ist ein W20?

Der W20, auch bekannt als zwanzigseitiger Würfel oder Ikosaederwürfel, ist einer der wichtigsten und bekanntesten Spielwürfel in Pen-and-Paper-Rollenspielen (P&P RPGs). Er hat die Form eines Ikosaeders, eines platonischen Körpers mit zwanzig gleichseitigen Dreiecken als Flächen. Jede dieser Flächen ist mit einer Zahl von 1 bis 20 beschriftet. Der W20 ist der zentrale Würfel in vielen P&P RPGs und wird in der Regel verwendet, um den Erfolg oder Misserfolg von Aktionen, Angriffen, Rettungswürfen und anderen Proben zu bestimmen. Er ist besonders eng mit dem d20-System und Spielen wie *Dungeons & Dragons* und *Pathfinder* verbunden.

Form und Aussehen

Der W20 hat die Form eines regelmäßigen Ikosaeders. Er besteht aus zwanzig gleichseitigen Dreiecken, die an 30 Kanten und 12 Ecken zusammentreffen. Die Zahlen 1 bis 20 sind so auf den Flächen verteilt, dass sich gegenüberliegende Seiten immer zu einer Summe von 21 ergänzen (1 gegenüber von 20, 2 gegenüber von 19 usw.).

W20-Würfel sind in der Regel die größten und auffälligsten Würfel in einem P&P RPG-Würfelset. Sie werden aus verschiedenen Materialien wie Kunststoff, Metall, Holz oder Edelstein gefertigt und sind in einer Vielzahl von Farben und Designs erhältlich. Manche W20 haben abgerundete Ecken oder Kanten, um das Rollen zu erleichtern, während andere spitz zulaufen.

Verwendung des W20

Der W20 wird in P&P RPGs in der Regel für die folgenden Zwecke verwendet:

  • Angriffswürfe: In vielen Systemen, insbesondere in *D&D* und seinen Ablegern, wird der W20 verwendet, um zu bestimmen, ob ein Angriff im Kampf trifft. Der Spieler würfelt einen W20, addiert relevante Modifikatoren (z. B. Stärke oder Geschicklichkeit) und vergleicht das Ergebnis mit der Rüstungsklasse des Gegners.
  • Fertigkeitswürfe: Der W20 wird oft verwendet, um den Erfolg oder Misserfolg von Fertigkeitsproben zu bestimmen. Der Spieler würfelt einen W20, addiert den Fertigkeitswert und andere Boni und vergleicht das Ergebnis mit einem vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeitsgrad.
  • Rettungswürfe: Viele Systeme verwenden den W20 für Rettungswürfe, mit denen Charaktere versuchen, schädlichen Effekten wie Giften, Fallen oder Zaubern zu widerstehen.
  • Attributswürfe: In manchen Situationen kann der Spielleiter einen Wurf auf ein bestimmtes Attribut verlangen, z. B. einen Stärkewurf, um eine schwere Tür aufzubrechen, oder einen Intelligenzwurf, um sich an ein wichtiges Detail zu erinnern.
  • Initiative: In einigen Systemen wird die Initiative, also die Reihenfolge der Aktionen im Kampf, mit einem W20 bestimmt.
  • Zufallstabellen: Der W20 kann verwendet werden, um auf Tabellen mit 20 oder einem Vielfachen von 20 Einträgen zu würfeln, z. B. für Zufallsbegegnungen, kritische Treffer oder Patzer.

Das d20-System

Der W20 ist untrennbar mit dem sogenannten d20-System verbunden, einem Regelwerk, das ursprünglich für die dritte Edition von *Dungeons & Dragons* entwickelt und unter der Open Game License (OGL) veröffentlicht wurde. Im d20-System ist der W20 der zentrale Würfel für fast alle Arten von Proben. Die Grundmechanik besteht darin, einen W20 zu würfeln, relevante Modifikatoren zu addieren und das Ergebnis mit einem Zielwert zu vergleichen.

Das d20-System zeichnet sich durch die folgenden Merkmale aus:

  • Attributsmodifikatoren: Die sechs Attribute (Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz, Weisheit, Charisma) haben einen Modifikator, der sich aus dem Attributswert ableitet und auf die meisten Würfe angewendet wird.
  • Fertigkeitsränge: Charaktere haben Ränge in verschiedenen Fertigkeiten, die einen Bonus auf entsprechende Proben geben.
  • Schwierigkeitsgrad: Der Schwierigkeitsgrad einer Aktion wird durch einen Zielwert (oft Schwierigkeitsklasse oder DC für "Difficulty Class" genannt) ausgedrückt, den der W20-Wurf erreichen oder übertreffen muss.
  • Kritische Treffer: Eine natürliche 20 auf dem W20 ist in der Regel ein automatischer Treffer und verursacht oft doppelten Schaden.
  • Patzer: Eine natürliche 1 auf dem W20 ist in der Regel ein automatischer Fehlschlag und kann zusätzliche negative Auswirkungen haben.

Das d20-System wurde durch die OGL und die Veröffentlichung des System Reference Document (SRD) zur Grundlage vieler anderer Rollenspiele und hat die P&P RPG-Landschaft nachhaltig geprägt.

Systeme, die den W20 verwenden

Der W20 ist der zentrale Würfel in vielen bekannten Rollenspielsystemen. Einige Beispiele sind:

  • Dungeons & Dragons: In allen Editionen von D&D, die auf dem d20-System basieren (3., 3.5, 4. und 5. Edition), ist der W20 der wichtigste Würfel für Angriffs-, Fertigkeits- und Rettungswürfe.
  • Pathfinder: *Pathfinder* ist ein Ableger der 3.5 Edition von D&D und verwendet ebenfalls das d20-System mit dem W20 als zentralem Würfel.
  • Star Wars Roleplaying Game (Saga Edition): Die von Wizards of the Coast veröffentlichte *Star Wars*-Umsetzung des d20-Systems verwendet den W20 für die meisten Proben.
  • d20 Modern: Ein Ableger des d20-Systems für moderne Settings, der ebenfalls den W20 als Hauptwürfel verwendet.
  • Mutants & Masterminds: Ein Superhelden-Rollenspiel, das auf dem d20-System basiert und den W20 für die meisten Proben nutzt.
  • 13th Age: Ein Fantasy-Rollenspiel, das Elemente des d20-Systems mit narrativen Mechaniken kombiniert und den W20 als zentralen Würfel verwendet.
  • Shadow of the Demon Lord: Ein Dark-Fantasy-Rollenspiel, welches zwar auf dem d20 System basiert, aber in vielen Punkten ein eigenes System darstellt. Auch hier kommt der W20 oft zum Einsatz.

Beispiele für die Verwendung des W20

Hier sind einige konkrete Beispiele, wie der W20 in verschiedenen Spielsituationen zum Einsatz kommen kann:

  • Ein Krieger greift einen Ork mit seinem Langschwert an. Der Spieler würfelt einen W20, addiert den Stärkemodifikator und den Angriffsbonus des Kriegers und vergleicht das Ergebnis mit der Rüstungsklasse des Orks.
  • Eine Schurkin versucht, eine schwierige Kletterpartie zu bewältigen. Der Spielleiter legt einen Schwierigkeitsgrad von 15 fest. Die Spielerin würfelt einen W20, addiert ihren Geschicklichkeitsmodifikator und ihren Klettern-Fertigkeitswert und vergleicht das Ergebnis mit dem Schwierigkeitsgrad.
  • Ein Magier wird von einem Feuerball getroffen und muss einen Rettungswurf machen, um dem vollen Schaden zu entgehen. Der Spieler würfelt einen W20, addiert den Konstitutionsmodifikator des Magiers und vergleicht das Ergebnis mit dem Rettungswurf-Schwierigkeitsgrad des Zaubers.
  • Der Spielleiter würfelt einen W20, um zu bestimmen, ob ein NSC die Lüge eines Spielercharakters durchschaut. Er addiert den Weisheitsmodifikator und den "Motiv erkennen"-Fertigkeitswert des NSCs und vergleicht das Ergebnis mit dem Täuschungswurf des Spielers.
  • Die Gruppe versucht, einen schlafenden Drachen zu bestehlen. Der Spielleiter lässt jeden Spieler einen W20 plus seinen Geschicklichkeitsmodifikator und seinen Schleichen-Fertigkeitswert würfeln, um zu sehen, ob die Charaktere sich unbemerkt anschleichen können.

Vorteile des W20

Der W20 hat einige Vorteile gegenüber anderen Würfeltypen:

  • Große Bandbreite: Der W20 bietet eine große Bandbreite an möglichen Ergebnissen (1-20), was eine feine Abstufung von Schwierigkeitsgraden und eine differenzierte Darstellung von Fähigkeiten ermöglicht.
  • Einfache Anwendung: Die Grundmechanik des d20-Systems (W20 + Modifikator gegen Zielwert) ist leicht zu verstehen und anzuwenden.
  • Spannung und Dramatik: Der Wurf mit einem einzelnen, großen Würfel kann sehr spannend sein und zu dramatischen Momenten am Spieltisch führen, insbesondere bei kritischen Treffern oder Patzern.
  • Weiter Verbreitung: Durch die Popularität von *D&D* und anderen d20-Spielen ist der W20 weit verbreitet und den meisten Rollenspielern vertraut.
  • Gute Verfügbarkeit: W20-Würfel sind leicht erhältlich und in der Regel in jedem Rollenspielladen oder online zu finden.

Nachteile des W20

Der W20 hat aber auch einige potenzielle Nachteile:

  • Hohe Varianz: Die große Bandbreite an möglichen Ergebnissen führt zu einer hohen Varianz und einem starken Einfluss des Zufalls. Ein einzelner Wurf kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, unabhängig von den Fähigkeiten des Charakters.
  • "Swingy": Das Spiel mit einem W20 kann sich manchmal sehr "swingy" anfühlen, d. h. die Ergebnisse können stark schwanken und zu unerwarteten Erfolgen oder Misserfolgen führen.
  • Weniger differenzierte Ergebnisse: Im Vergleich zu Systemen mit Würfelpools oder mehreren Würfeln bietet der W20 weniger differenzierte Ergebnisse und Abstufungen von Erfolg oder Misserfolg.
  • Schwierigkeitsgrade schwer einschätzbar: Für unerfahrene Spieler kann es schwierig sein, die genauen Erfolgschancen bei einem W20-Wurf einzuschätzen, insbesondere wenn viele Modifikatoren im Spiel sind.
  • Bevorzugung von hohen Werten: Da in der Regel höhere Ergebnisse besser sind, kann der W20 Charaktere mit hohen Attributs- und Fertigkeitswerten stark bevorzugen.

Varianten und spezielle W20

Es gibt verschiedene Varianten und spezielle W20-Würfel, die in bestimmten Spielen oder Situationen verwendet werden:

  • Fudge/Fate-Würfel: Obwohl diese in der Regel als W6 ausgeführt sind, gibt es auch W20-Varianten mit Plus-, Minus- und leeren Seiten, die in Spielen wie *Fate* verwendet werden.
  • W20 mit Symbolen: Manche Spiele verwenden W20 mit Symbolen anstelle von Zahlen, z. B. *Star Wars: Edge of the Empire* mit seinen speziellen Symbolen für Erfolg, Vorteil und Bedrohung.
  • Gezinkte W20: Es gibt spezielle W20, die absichtlich oder unabsichtlich ungleichmäßig gewichtet sind und daher bestimmte Ergebnisse häufiger oder seltener anzeigen. Die Verwendung solcher Würfel gilt in der Regel als Betrug.
  • Digitale W20: Viele Online-Plattformen und Apps bieten digitale W20-Würfelroller an, die per Knopfdruck ein Zufallsergebnis generieren.
  • Spindown-W20: Diese Würfel, die oft bei *Magic: The Gathering* verwendet werden, haben die Zahlen nicht zufällig verteilt. Stattdessen sind sie in absteigender Reihenfolge angeordnet, was die Verwendung als Lebenspunktezähler erleichtert.

Tipps für den Umgang mit dem W20

Hier sind einige Tipps für Spieler und Spielleiter zum Umgang mit dem W20 in P&P RPGs:

Für Spieler:

  • Kenne deine Werte: Mache dich mit den Attributs- und Fertigkeitsmodifikatoren deines Charakters vertraut und wisse, wann du sie zu deinem W20-Wurf addieren darfst.
  • Nutze deine Vorteile: Setze Talente, Zaubersprüche oder andere Fähigkeiten ein, die dir Boni auf deine W20-Würfe geben oder die es dir erlauben, Würfe zu wiederholen.
  • Spiele deine Stärken aus: Versuche, Situationen herbeizuführen, in denen du die besten Modifikatoren deines Charakters zu deinem W20-Wurf addieren kannst.
  • Achte auf kritische Treffer und Patzer: Kenne die Regeln für kritische Treffer und Patzer in deinem System und versuche, die Chancen darauf zu beeinflussen, z. B. durch bestimmte Talente oder Manöver.
  • Sei auf alles vorbereitet: Der W20 ist unberechenbar. Akzeptiere, dass auch mal etwas schiefgehen kann, und versuche, das Beste daraus zu machen.
  • Hab Spaß: Lass dich von der Spannung und Dramatik eines W20-Wurfs mitreißen und genieße die unerwarteten Wendungen, die er ins Spiel bringen kann.

Für Spielleiter:

  • Setze klare Schwierigkeitsgrade: Lege klare und nachvollziehbare Schwierigkeitsgrade für Proben fest und kommuniziere sie an die Spieler.
  • Verwende Modifikatoren: Nutze situationsbedingte Modifikatoren, um besondere Umstände, Hilfsmittel oder Schwierigkeiten widerzuspiegeln und die Entscheidungen der Spieler relevant zu machen.
  • Variiere die Herausforderungen: Biete den Spielern nicht nur Situationen, die einen einfachen W20-Wurf erfordern, sondern auch solche, bei denen mehrere Proben nötig sind, bei denen es verschiedene Erfolgsgrade gibt oder bei denen andere Faktoren eine Rolle spielen.
  • Belohne gutes Rollenspiel: Belohne Spieler, die ihre Charaktere überzeugend ausspielen, kreative Lösungen finden oder besonders clever agieren, mit Boni auf ihre Würfe oder anderen Vorteilen.
  • Fudge nicht zu oft: Widerstehe der Versuchung, die Ergebnisse von W20-Würfen zu manipulieren, um die Geschichte in eine bestimmte Richtung zu lenken. Lass die Würfel entscheiden und spiele mit den Konsequenzen.
  • Nutze die Möglichkeiten des W20: Spiele mit den Erwartungen der Spieler, indem du z. B. kritische Treffer und Patzer auf unerwartete Weise einsetzt oder spezielle Regeln und Tabellen für bestimmte Situationen verwendest.
  • Achte auf die Stimmung: Sei dir bewusst, wie sich häufige Misserfolge oder Patzer auf die Stimmung am Spieltisch auswirken können. Steuere gegebenenfalls gegen, indem du den Spielern alternative Möglichkeiten zum Erfolg gibst oder die Situation humorvoll auflockerst.

Fazit

Der W20 ist weit mehr als nur ein einfacher Würfel – er ist ein Symbol für das Pen-and-Paper-Rollenspiel selbst und ein unverzichtbares Werkzeug in vielen beliebten Systemen. Mit seinen zwanzig Seiten und der charakteristischen Ikosaederform steht er wie kein anderer Würfel für die Spannung, die Dramatik und die unvorhersehbaren Wendungen, die das P&P RPG-Hobby so einzigartig machen. Ob als zentraler Aktionswürfel im d20-System oder als Entscheidungsträger in anderen Spielen, der W20 hat die Art und Weise, wie Rollenspiele gespielt werden, maßgeblich geprägt und unzählige Abenteuer entschieden. Seine einfache Mechanik, kombiniert mit der großen Bandbreite an möglichen Ergebnissen, macht ihn zu einem vielseitigen und mächtigen Instrument in den Händen von Spielern und Spielleitern. Obwohl er nicht unumstritten ist und von manchen für seine hohe Varianz oder seine Dominanz in bestimmten Systemen kritisiert wird, bleibt der W20 doch ein ikonisches und nicht wegzudenkendes Element des P&P RPG-Hobbys, das auch in Zukunft noch viele Geschichten und Schicksale am Spieltisch bestimmen wird.