Stufen und Level in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden

Stufen und Level in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden

Was ist eine Stufe/ein Level?

In vielen Pen-and-Paper-Rollenspielen (P&P RPGs) ist die Stufe, auch Level genannt, ein Maß für die allgemeine Erfahrung, das Können und die Macht eines Charakters. Sie ist eine abstrakte, numerische Repräsentation der Fähigkeiten und des Fortschritts eines Charakters im Spiel. Mit jeder erreichten Stufe wird ein Charakter in der Regel mächtiger, widerstandsfähiger und vielseitiger. Das Konzept der Stufe stammt ursprünglich aus *Dungeons & Dragons*, hat sich aber in vielen anderen Rollenspielen durchgesetzt, wenn auch in unterschiedlicher Form und Ausprägung.

Die Stufe eines Charakters hat in der Regel direkte Auswirkungen auf seine Werte, Fähigkeiten und Möglichkeiten im Spiel. Mit steigender Stufe verbessern sich oft die Attribute des Charakters, er erhält mehr Trefferpunkte, erlernt neue Fertigkeiten, Talente oder Zaubersprüche und kann mächtigere Ausrüstung verwenden. Die Stufe kann auch Einfluss darauf haben, wie der Charakter von der Spielwelt und ihren Bewohnern wahrgenommen wird.

Stufenanstieg und Erfahrungspunkte

In den meisten stufenbasierten Systemen steigen die Charaktere von einer Stufe zur nächsten auf, indem sie eine bestimmte Menge an Erfahrungspunkten (EP oder XP) sammeln. Erfahrungspunkte werden in der Regel für das Bestehen von Herausforderungen, das Besiegen von Gegnern, das Erfüllen von Aufgaben und das Erreichen von Zielen vergeben. Die Menge der benötigten Erfahrungspunkte für einen Stufenaufstieg variiert von System zu System und steigt oft mit jeder Stufe an.

Einige typische Methoden, um Erfahrungspunkte zu erhalten, sind:

  • Kampf: Das Besiegen von Monstern oder feindlichen NSCs im Kampf ist in vielen Spielen die Hauptquelle für Erfahrungspunkte.
  • Quests: Das Erfüllen von Aufgaben, das Lösen von Rätseln oder das Erreichen von Zielen, die der Spielleiter vorgibt, wird oft mit Erfahrungspunkten belohnt.
  • Meilensteine: Manche Spielleiter vergeben Erfahrungspunkte für das Erreichen bestimmter Meilensteine in der Geschichte oder in der Entwicklung des Charakters.
  • Rollenspiel: In einigen Systemen können die Spieler auch Erfahrungspunkte für gutes Rollenspiel, das Ausspielen von Idealen oder das Überwinden persönlicher Herausforderungen erhalten.
  • Entdeckung: Das Erkunden neuer Orte, das Aufdecken von Geheimnissen oder das Erlangen von wichtigem Wissen kann ebenfalls mit Erfahrungspunkten belohnt werden.

Wenn ein Charakter genügend Erfahrungspunkte gesammelt hat, steigt er eine Stufe auf. Der genaue Zeitpunkt des Stufenaufstiegs kann variieren - manchmal geschieht er sofort, manchmal am Ende einer Sitzung oder eines Abenteuers, manchmal nach einer Ruhepause oder einer anderen passenden Gelegenheit.

Veränderungen beim Stufenaufstieg

Mit jedem Stufenaufstieg verbessern sich die Fähigkeiten und Werte eines Charakters in der Regel deutlich. Die genauen Veränderungen hängen vom jeweiligen System ab, aber typische Verbesserungen sind:

  • Mehr Trefferpunkte: Mit jeder Stufe erhält der Charakter in der Regel mehr Trefferpunkte (TP) oder Lebenspunkte (LP) und wird dadurch widerstandsfähiger.
  • Bessere Attributswerte: In manchen Systemen können die Spieler beim Stufenaufstieg die Attributswerte ihres Charakters erhöhen, z. B. Stärke, Geschicklichkeit oder Intelligenz.
  • Neue oder verbesserte Fertigkeiten: Charaktere können neue Fertigkeiten erlernen oder ihre bestehenden Fertigkeiten verbessern, wodurch sie in bestimmten Bereichen kompetenter werden.
  • Neue Talente oder Fähigkeiten: Viele Systeme bieten den Charakteren beim Stufenaufstieg die Möglichkeit, neue Talente, Spezialfähigkeiten oder Klassenfähigkeiten zu erlernen, die ihnen neue Handlungsoptionen eröffnen.
  • Neue Zaubersprüche: Magiebegabte Charaktere erhalten oft Zugang zu neuen und mächtigeren Zaubersprüchen, wenn sie eine Stufe aufsteigen.
  • Bessere Angriffswerte: In vielen Systemen verbessern sich die Chancen, im Kampf zu treffen, mit jeder Stufe, z. B. durch einen höheren Angriffsbonus oder bessere Fertigkeitswerte im Umgang mit Waffen.
  • Bessere Verteidigungswerte: Oft verbessern sich auch die Verteidigungswerte eines Charakters, wie z. B. die Rüstungsklasse oder die Rettungswürfe, mit jeder Stufe.

Stufen und Klassen

In vielen Rollenspielen, wie z. B. *Dungeons & Dragons* und *Pathfinder*, ist das Konzept der Stufe eng mit dem der Charakterklasse verbunden. Die Klasse eines Charakters bestimmt, welche Fähigkeiten und Boni er bei einem Stufenaufstieg erhält. Ein Krieger erhält z. B. in der Regel mehr Trefferpunkte und bessere Kampffertigkeiten, während ein Magier mit jeder Stufe neue Zaubersprüche lernt.

In diesen Systemen ist die Stufe eines Charakters oft die Summe seiner Stufen in allen seinen Klassen. Ein Charakter könnte z. B. 5 Stufen als Krieger und 3 Stufen als Magier haben, was einer Gesamtstufe von 8 entspricht. Manche Systeme haben auch spezielle Prestigeklassen, die erst ab einer bestimmten Stufe und nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zugänglich sind.

Es gibt aber auch klassenlose Systeme, wie z. B. *GURPS*, *Savage Worlds* oder *Das Schwarze Auge*, in denen die Charaktere nicht an eine bestimmte Klasse gebunden sind und ihre Fähigkeiten freier wählen und entwickeln können. In diesen Systemen ist die Stufe oft ein allgemeineres Maß für die Erfahrung und das Können eines Charakters.

Varianten und Alternativen

Nicht alle Rollenspiele verwenden ein System mit Stufen oder Leveln. Es gibt auch alternative Ansätze für die Charakterentwicklung:

  • Fertigkeitsbasiertes System: In diesen Systemen, wie z. B. *Das Schwarze Auge* oder *Shadowrun*, verbessern die Charaktere direkt ihre Fertigkeiten und Attribute, anstatt in Stufen aufzusteigen.
  • Freie Charakterentwicklung: Manche Systeme, wie z. B. *GURPS*, erlauben es den Spielern, ihre Charaktere völlig frei zu entwickeln, ohne an Klassen oder Stufen gebunden zu sein. Sie können die Fähigkeiten und Vorteile ihres Charakters direkt mit Erfahrungspunkten kaufen.
  • Meilenstein-System: In diesen Systemen, wie z. B. *Fate*, erhalten die Charaktere keine Erfahrungspunkte, sondern verbessern sich, wenn sie bestimmte Meilensteine in der Geschichte erreichen oder persönliche Ziele erfüllen.
  • Lebenspfad-System: Einige Spiele, wie z. B. *Traveller* oder *Burning Wheel*, verwenden ein System, bei dem die Charaktere vor Spielbeginn eine Reihe von Lebensabschnitten oder Karrieren durchlaufen, die ihre Fähigkeiten und ihre Hintergrundgeschichte prägen.
  • Keine Charakterentwicklung: Es gibt auch Spiele, in denen die Charaktere sich gar nicht oder nur minimal weiterentwickeln, wie z. B. in manchen Horror- oder Investigativ-Rollenspielen.

Stufen in verschiedenen Systemen

Hier sind einige Beispiele, wie Stufen in verschiedenen Rollenspielsystemen gehandhabt werden:

  • Dungeons & Dragons: In den meisten Editionen von D&D steigen die Charaktere in Stufen auf, indem sie Erfahrungspunkte sammeln. Jede Klasse hat eine eigene Tabelle, die festlegt, wie viele Erfahrungspunkte für die nächste Stufe benötigt werden und welche Boni und Fähigkeiten der Charakter erhält.
  • Pathfinder: Funktioniert ähnlich wie D&D, verwendet aber ein System, bei dem die Charaktere in der Regel nach etwa 13 Begegnungen mit angemessenem Schwierigkeitsgrad eine Stufe aufsteigen.
  • Das Schwarze Auge: Hier gibt es keine festen Stufen. Stattdessen können die Spieler die Abenteuerpunkte, die sie erhalten, direkt in die Steigerung von Attributen, Fertigkeiten oder die Verbesserung von Talenten investieren.
  • Shadowrun: Auch in *Shadowrun* gibt es keine Stufen. Die Spieler verbessern ihre Charaktere, indem sie Karma-Punkte ausgeben, um Attribute, Fertigkeiten oder andere Vorteile zu steigern.
  • World of Darkness: In den meisten Spielen der *World of Darkness* gibt es keine Stufen. Die Charaktere sammeln Erfahrungspunkte, mit denen sie ihre Werte und Fähigkeiten verbessern können.
  • Fate: In *Fate* gibt es weder Stufen noch Erfahrungspunkte. Stattdessen verbessern sich die Charaktere, wenn sie wichtige Meilensteine in der Geschichte erreichen oder sich ihre Aspekte ändern.

Einfluss von Stufen auf das Spiel

Das Konzept der Stufe hat verschiedene Auswirkungen auf das Spiel:

  • Charakterentwicklung: Stufen sind das offensichtlichste Zeichen für die Entwicklung und den Fortschritt eines Charakters. Mit jeder neuen Stufe wird der Charakter mächtiger und vielseitiger.
  • Spielbalance: Stufen helfen dabei, die Spielbalance zu wahren, indem sie sicherstellen, dass die Herausforderungen, denen die Charaktere begegnen, in etwa ihrem Fähigkeitsniveau entsprechen.
  • Motivation: Das Streben nach der nächsten Stufe kann eine starke Motivation für die Spieler sein und sie dazu anspornen, Abenteuer zu bestehen und Herausforderungen zu meistern.
  • Struktur: Stufen geben dem Spiel und der Kampagne eine klare Struktur. Sie dienen als Meilensteine und helfen dabei, den Fortschritt der Charaktere und der Geschichte zu gliedern.
  • Zugänglichkeit: Stufensysteme können das Spiel für Einsteiger zugänglicher machen, da sie einen klaren Entwicklungspfad vorgeben und die Komplexität der Charaktererschaffung reduzieren.
  • Machtfantasien: Das Erreichen immer höherer Stufen und das Erlangen immer mächtigerer Fähigkeiten kann das Bedürfnis der Spieler nach Macht und Einfluss in der Spielwelt befriedigen.

Kritik an Stufensystemen

Trotz ihrer weiten Verbreitung sind Stufensysteme nicht unumstritten. Einige Kritikpunkte sind:

  • Unrealistisch: Manche Spieler empfinden das Konzept von Stufen als unrealistisch und unpassend für ein Rollenspiel. Sie argumentieren, dass sich Fähigkeiten und Wissen im wirklichen Leben nicht in klar abgrenzbaren Stufen entwickeln.
  • Einschränkend: Stufensysteme, insbesondere in Verbindung mit Klassen, können die Freiheit der Spieler bei der Charakterentwicklung einschränken, indem sie einen festen Entwicklungspfad vorgeben.
  • "Linearer Kämpfer, quadratischer Zauberer": In manchen Systemen, wie z. B. älteren Editionen von *D&D*, werden Kämpfer mit jeder Stufe nur geringfügig besser, während Zauberwirker exponentiell mächtiger werden und Zugang zu immer stärkeren Zaubern erhalten. Dies kann zu einem Ungleichgewicht auf höheren Stufen führen.
  • Grindlastig: In manchen Spielen kann das Erreichen der nächsten Stufe sehr lange dauern und erfordert das ständige Wiederholen von Kämpfen oder anderen Aktionen, um Erfahrungspunkte zu sammeln. Dies kann als monoton und "grindlastig" empfunden werden.
  • Fokus auf Kampf: Da in vielen Systemen der Kampf die Hauptquelle für Erfahrungspunkte ist, kann dies dazu führen, dass der Fokus zu sehr auf Kämpfen liegt und andere Aspekte des Spiels vernachlässigt werden.
  • Vergleich mit Videospielen: Manche Kritiker sehen in Stufensystemen eine zu starke Anlehnung an Videospiele und einen Widerspruch zum eigentlichen Geist des freien und erzählerischen Rollenspiels.

Tipps für den Umgang mit Stufen

Hier sind einige Tipps für Spielleiter und Spieler zum Umgang mit Stufen und Charakterentwicklung:

Für Spielleiter:

  • Vergib Erfahrungspunkte nicht nur für Kämpfe: Belohne die Spieler auch für gutes Rollenspiel, das Lösen von Rätseln, das Erreichen von Zielen und andere Aktionen, die zum Fortschritt der Geschichte beitragen.
  • Passe die Herausforderungen an: Achte darauf, dass die Herausforderungen, denen die Spieler begegnen, an die Stufe und die Fähigkeiten der Charaktere angepasst sind. Zu leichte Herausforderungen sind langweilig, zu schwere können frustrierend sein.
  • Nutze alternative Belohnungen: Neben Erfahrungspunkten kannst du die Spieler auch mit Gold, magischen Gegenständen, Titeln, Landbesitz oder anderen Vorteilen belohnen, die nicht direkt an die Stufe gekoppelt sind.
  • Gib den Spielern Mitspracherecht: Lass die Spieler mitentscheiden, wann ihre Charaktere eine Stufe aufsteigen, z. B. nach Erreichen eines bestimmten Meilensteins oder nach Abschluss eines wichtigen Kapitels der Geschichte.
  • Passe das Tempo an: Variiere das Tempo, mit dem die Charaktere Stufen aufsteigen, je nach Art der Kampagne und den Vorlieben der Spieler. In manchen Kampagnen kann es sinnvoll sein, die Charaktere schnell aufsteigen zu lassen, in anderen ist ein langsameres Tempo passender.
  • Nutze Stufen als erzählerisches Werkzeug: Verbinde den Stufenaufstieg mit der Geschichte und der Entwicklung der Charaktere. Lass den Aufstieg nicht nur eine mechanische Veränderung sein, sondern auch eine erzählerische Bedeutung haben.

Für Spieler:

  • Plane deinen Charakter: Überlege dir im Voraus, wie sich dein Charakter entwickeln soll und welche Fähigkeiten, Talente oder Zaubersprüche du auf höheren Stufen erlangen möchtest.
  • Spiele deinen Charakter aus: Nutze den Stufenaufstieg als Anlass, deinen Charakter auch im Rollenspiel weiterzuentwickeln. Wie haben sich seine Persönlichkeit, seine Werte und seine Ziele verändert?
  • Experimentiere mit verschiedenen Optionen: Probiere verschiedene Kombinationen von Fähigkeiten, Talenten und Ausrüstungsgegenständen aus, um herauszufinden, was am besten zu deinem Charakter und deinem Spielstil passt.
  • Sprich mit deinem Spielleiter: Tausche dich mit deinem Spielleiter über deine Vorstellungen und Wünsche für die Entwicklung deines Charakters aus. Frage ihn, welche Möglichkeiten es gibt und wie du deine Ziele am besten erreichen kannst.
  • Sei geduldig: Nicht jeder Stufenaufstieg wird deinem Charakter die erhofften Verbesserungen bringen. Manchmal muss man auch Durststrecken überwinden oder Umwege in Kauf nehmen, um sein Ziel zu erreichen.
  • Hab Spaß: Das Wichtigste ist, dass du Spaß am Spiel und an der Entwicklung deines Charakters hast. Genieße die Reise und die Möglichkeiten, die dir das Stufensystem bietet.

Fazit

Die Stufe oder das Level eines Charakters ist ein zentrales Konzept in vielen Pen-and-Paper-Rollenspielen und dient als Maß für seine Erfahrung, sein Können und seine Macht. Der Stufenaufstieg ist ein wichtiger Motivationsfaktor und ein prägendes Element des Spielerlebnisses, das mit Verbesserungen der Charakterwerte, neuen Fähigkeiten und erweiterten Möglichkeiten einhergeht. Ob man nun ein Fan von klassischen, stufenbasierten Systemen wie *D&D* ist oder eher level-lose oder freiere Ansätze bevorzugt, die Stufe ist aus der Welt der P&P RPGs kaum wegzudenken. Mit einem bewussten und ausgewogenen Umgang mit Stufen und Charakterentwicklung können Spielleiter und Spieler gleichermaßen dazu beitragen, dass das Spiel herausfordernd, abwechslungsreich und befriedigend bleibt und dass die Charaktere im Laufe der Zeit wachsen und sich zu den Helden (oder Schurken) entwickeln, die sie sein sollen.