Session Zero in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden
Was ist eine Session Zero?
Eine Session Zero ist eine spezielle Spielsitzung in Pen-and-Paper-Rollenspielen (P&P RPGs), die vor dem eigentlichen Beginn einer Kampagne oder eines Abenteuers stattfindet. Sie dient dazu, die Erwartungen der Spieler und des Spielleiters zu klären, die Charaktere zu erstellen oder vorzustellen, den Rahmen der Kampagne zu besprechen und die Grundlagen für ein erfolgreiches und unterhaltsames Spiel zu legen. In einer Session Zero geht es also darum, organisatorische und inhaltliche Weichen zu stellen, bevor das eigentliche Abenteuer beginnt.
Die Session Zero ist ein relativ neues Konzept im P&P RPG, das in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat. Es wird immer mehr als wichtiger Bestandteil einer gut vorbereiteten Kampagne und als Mittel zur Vermeidung von Missverständnissen und Konflikten am Spieltisch angesehen.
Ziele und Zweck einer Session Zero
Eine Session Zero verfolgt in der Regel die folgenden Ziele:
- Erwartungen klären: Die Spieler und der Spielleiter besprechen ihre Erwartungen an die Kampagne, den Spielstil, die Häufigkeit der Spielsitzungen und andere organisatorische Fragen.
- Spielwelt und Setting vorstellen: Der Spielleiter gibt einen Überblick über die Spielwelt, das Setting und die wichtigsten Hintergründe der Kampagne.
- Charaktere erschaffen oder vorstellen: Die Spieler erstellen gemeinsam ihre Charaktere oder stellen ihre vorgefertigten Charaktere vor und besprechen ihre Hintergründe, Motivationen und Beziehungen zueinander.
- Gruppenkonzept entwickeln: Die Gruppe entwickelt ein gemeinsames Konzept für ihre Abenteurergruppe und klärt, wie und warum die Charaktere zusammenarbeiten.
- Sicherheitsregeln und Tabus besprechen: Die Gruppe legt fest, welche Themen und Inhalte im Spiel nicht vorkommen sollen oder wie mit sensiblen Inhalten umgegangen wird (siehe Artikel zu "Horror" mit Sicherheitsmechanismen).
- Regelfragen klären: Offene Fragen zum Regelsystem oder zu bestimmten Regeln werden geklärt.
- Organisatorisches klären: Die Gruppe bespricht organisatorische Details wie den Spielort, die Verpflegung, die Kommunikationswege und die Terminfindung.
- Vorfreude aufbauen: Die Session Zero dient auch dazu, die Vorfreude auf die Kampagne zu steigern und die Spieler auf das Abenteuer einzustimmen.
Themen und Inhalte einer Session Zero
Typische Themen und Inhalte, die in einer Session Zero behandelt werden, sind:
- Vorstellungsrunde: Die Teilnehmer stellen sich vor und erzählen etwas über ihre Erfahrungen mit P&P RPGs und ihre Vorlieben.
- Kampagnen-Pitch: Der Spielleiter präsentiert seine Idee für die Kampagne, das Genre, das Setting, den geplanten Umfang und den generellen Tonfall.
- Spielstil: Die Gruppe bespricht, welchen Spielstil sie bevorzugt, z. B. in Bezug auf Kampf, Erkundung, Rätsel, Rollenspiel, Realismus und Humor.
- Häufigkeit und Dauer der Spielsitzungen: Die Gruppe legt fest, wie oft und wie lange sie spielen möchte.
- Spielort: Die Gruppe klärt, wo die Spielsitzungen stattfinden sollen (z. B. bei einem Spieler zu Hause, in einem Spieleladen oder online).
- Charaktererschaffung: Die Spieler erstellen gemeinsam ihre Charaktere oder besprechen ihre Charakterideen und -konzepte.
- Gruppenkonzept: Die Gruppe überlegt, wie und warum die Charaktere zusammenarbeiten und welche Art von Gruppe sie sein wollen (z. B. Söldnertruppe, Entdecker, Ermittler).
- Hintergrundgeschichten: Die Spieler entwickeln und teilen die Hintergrundgeschichten ihrer Charaktere und knüpfen Verbindungen zueinander.
- Sicherheitsregeln und Tabus: Die Gruppe legt fest, welche Themen im Spiel nicht vorkommen sollen und wie mit sensiblen Inhalten umgegangen wird. Hier können Sicherheitswerkzeuge wie die X-Karte, Lines and Veils oder die Open Door Policy eingeführt werden.
- Regelfragen: Offene Fragen zum Regelsystem oder zu bestimmten Regeln werden geklärt. Gegebenenfalls werden auch Hausregeln besprochen.
- Erwartungen an den Spielleiter: Die Spieler teilen dem Spielleiter mit, was sie sich von ihm und von der Kampagne erhoffen.
- Erwartungen an die Spieler: Der Spielleiter teilt den Spielern mit, was er von ihnen erwartet, z. B. in Bezug auf Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Vorbereitung und Engagement.
- Organisatorisches: Die Gruppe klärt organisatorische Details wie Verpflegung, Fahrtgemeinschaften, Kommunikationswege und den Umgang mit Ausfällen.
Charaktererschaffung in der Session Zero
Die gemeinsame Charaktererschaffung ist oft ein zentraler Bestandteil der Session Zero. Indem die Spieler ihre Charaktere zusammen erstellen, können sie sicherstellen, dass die Gruppe gut zueinander passt, dass verschiedene Rollen und Fähigkeiten abgedeckt sind und dass die Charaktere von Anfang an miteinander verbunden sind.
Einige Vorteile der gemeinsamen Charaktererschaffung sind:
- Ausgewogene Gruppe: Die Spieler können darauf achten, dass die Gruppe ausgewogen ist und verschiedene Stärken und Fähigkeiten abdeckt.
- Gemeinsame Hintergründe: Die Spieler können gemeinsame Elemente in ihre Hintergrundgeschichten einbauen, z. B. dass sich ihre Charaktere bereits kennen oder ein gemeinsames Erlebnis hatten.
- Vermeidung von Konflikten: Potenzielle Konflikte zwischen Charakteren oder Spielstilen können frühzeitig erkannt und vermieden werden.
- Stimmiges Gesamtbild: Die Gruppe kann sicherstellen, dass die Charaktere gut zum Setting, zur Kampagne und zueinander passen.
- Schnellerer Start ins Spiel: Wenn die Charaktere bereits in der Session Zero erstellt werden, kann die Gruppe in der ersten regulären Sitzung direkt ins Abenteuer einsteigen.
Zeitpunkt und Dauer einer Session Zero
Eine Session Zero findet in der Regel vor der ersten regulären Spielsitzung einer Kampagne statt. Sie kann entweder als eigenes Treffen abgehalten oder mit der ersten Spielsitzung kombiniert werden, wenn die Zeit knapp ist.
Die Dauer einer Session Zero hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Komplexität des Spiels, der Erfahrung der Spieler und dem Umfang der geplanten Kampagne. In der Regel sollte man aber mindestens 2-4 Stunden dafür einplanen. Bei komplexen Spielen oder unerfahrenen Spielern kann eine Session Zero auch länger dauern oder sogar mehrere Treffen umfassen.
Vorteile einer Session Zero
Eine gut durchgeführte Session Zero bietet viele Vorteile für die Spielrunde:
- Klare Erwartungen: Sie schafft Klarheit über die Erwartungen, Vorlieben und Grenzen der Spieler und des Spielleiters und beugt so Missverständnissen und Konflikten vor.
- Stimmiger Kampagnenstart: Sie ermöglicht einen stimmigen und gut vorbereiteten Start in die Kampagne, da alle wichtigen Fragen geklärt und die Charaktere gut in die Gruppe und die Spielwelt integriert sind.
- Stärkeres Gruppengefühl: Die gemeinsame Charaktererschaffung und die Diskussion über die Kampagne fördern das Gruppengefühl und die Zusammenarbeit der Spieler.
- Vermeidung von Problemen: Potenzielle Probleme wie unpassende Charakterkonzepte, Konflikte zwischen Spielstilen oder heikle Themen können frühzeitig erkannt und vermieden werden.
- Höhere Spielerzufriedenheit: Eine Session Zero trägt dazu bei, dass die Spieler zufriedener mit dem Spiel sind, da ihre Erwartungen und Wünsche besser erfüllt werden.
- Zeitersparnis: Auch wenn eine Session Zero zunächst wie ein zusätzlicher Aufwand erscheint, kann sie langfristig Zeit sparen, da sie spätere Konflikte oder Änderungen an der Kampagne vermeidet.
- Mehr Spielspaß: Letztlich kann eine Session Zero dazu beitragen, dass alle Beteiligten mehr Spaß am Spiel haben und die Kampagne zu einem unvergesslichen Erlebnis wird.
Beispiele für Agendapunkte einer Session Zero
Hier sind einige konkrete Beispiele für Agendapunkte und Fragen, die in einer Session Zero behandelt werden können:
- Welches Spielsystem und welches Setting werden verwendet?
- Worum soll es in der Kampagne grob gehen? Welches Genre, welche Themen und welche Stimmung werden angestrebt?
- Wie lang wird die Kampagne voraussichtlich dauern? Wie oft und wie lange soll gespielt werden?
- Welche Art von Charakteren ist für die Kampagne geeignet, welche eher nicht?
- Sollen die Charaktere bereits miteinander verbunden sein, und wenn ja, wie?
- Gibt es bestimmte Regeln oder Mechaniken, die den Spielern besonders wichtig sind oder die angepasst werden sollen?
- Welche Themen oder Inhalte sollen im Spiel nicht vorkommen (z. B. explizite Gewalt, sexuelle Inhalte, bestimmte Ängste oder Traumata)?
- Wie geht die Gruppe mit Konflikten oder Meinungsverschiedenheiten um?
- Gibt es besondere Wünsche oder Anregungen der Spieler für die Kampagne?
Tipps für die Durchführung einer Session Zero
Hier sind einige Tipps für die erfolgreiche Durchführung einer Session Zero:
- Plane genügend Zeit ein: Eine Session Zero sollte nicht zwischen Tür und Angel stattfinden. Plane genügend Zeit ein, um alle wichtigen Punkte in Ruhe besprechen zu können.
- Schaffe eine angenehme Atmosphäre: Sorge für eine entspannte und offene Atmosphäre, in der sich alle Teilnehmer wohlfühlen und ihre Meinung äußern können.
- Höre aktiv zu: Höre den Spielern aufmerksam zu und gehe auf ihre Fragen, Wünsche und Bedenken ein.
- Sei kompromissbereit: Nicht jeder kann immer alles bekommen, was er will. Sei bereit, Kompromisse einzugehen und eine gemeinsame Lösung zu finden, mit der alle leben können.
- Mache Notizen: Halte die wichtigsten Ergebnisse und Vereinbarungen der Session Zero schriftlich fest, z. B. in Form eines Protokolls oder einer Zusammenfassung.
- Sei flexibel: Auch wenn die Session Zero dazu dient, einen groben Rahmen für die Kampagne abzustecken, solltest du bereit sein, im Laufe des Spiels davon abzuweichen und die Kampagne an die Entwicklung der Charaktere und die Wünsche der Spieler anzupassen.
- Nutze Hilfsmittel: Es gibt verschiedene Checklisten, Fragebögen und Handouts, die bei der Durchführung einer Session Zero helfen können.
- Habe Spaß: Die Session Zero sollte nicht nur eine formale Angelegenheit sein, sondern auch Spaß machen und die Vorfreude auf die Kampagne steigern.
Fazit
Die Session Zero ist ein wichtiges und wertvolles Instrument für den Start einer erfolgreichen Pen-and-Paper-Rollenspielkampagne. Sie dient dazu, Erwartungen zu klären, Charaktere zu erschaffen, den Rahmen der Kampagne zu besprechen und die Grundlagen für ein unterhaltsames und befriedigendes Spiel zu legen. Eine gut geplante und durchgeführte Session Zero kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden, Konflikte zu reduzieren und die Zufriedenheit aller Beteiligten zu erhöhen. Sie ist eine Investition in die Zukunft der Kampagne, die sich in Form von mehr Spielspaß, einer stimmigeren Geschichte und einem besseren Gruppenerlebnis auszahlt. Auch wenn die Session Zero auf den ersten Blick wie ein zusätzlicher Aufwand erscheint, ist sie in Wahrheit eine große Chance, um die Weichen für eine erfolgreiche und unvergessliche Rollenspielkampagne zu stellen.