Hintergrundgeschichten in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden

Hintergrundgeschichten in Pen-and-Paper-Rollenspielen: Ein umfassender Leitfaden

Was ist eine Hintergrundgeschichte?

Die Hintergrundgeschichte, auch Backstory oder Vorgeschichte genannt, ist ein wesentlicher Bestandteil der Charaktererschaffung in vielen Pen-and-Paper-Rollenspielen (P&P RPGs). Sie beschreibt die Vergangenheit eines Charakters, seine Herkunft, seine prägenden Erlebnisse und seine Beziehungen zu anderen Personen oder Organisationen vor dem Beginn des eigentlichen Spiels. Die Hintergrundgeschichte gibt dem Charakter Tiefe, Persönlichkeit und Motivation und hilft dem Spieler, sich besser in die Rolle hineinzuversetzen. Sie ist das Fundament, auf dem das Rollenspiel und die Entwicklung des Charakters im Laufe der Kampagne aufbauen.

Elemente einer guten Hintergrundgeschichte

Eine überzeugende Hintergrundgeschichte enthält in der Regel die folgenden Elemente:

  • Herkunft: Woher kommt der Charakter? Aus welcher Region, Stadt oder welchem Dorf stammt er? Welcher Kultur oder welchem Volk gehört er an?
  • Familie und soziales Umfeld: Wie sieht die Familie des Charakters aus? Hat er Geschwister, Eltern, Verwandte oder Freunde, die eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen? In welchen sozialen Verhältnissen ist er aufgewachsen?
  • Prägende Ereignisse: Welche wichtigen Ereignisse haben das Leben des Charakters vor dem Beginn des Spiels geprägt? Gab es Schicksalsschläge, Erfolge, einschneidende Erlebnisse oder Begegnungen, die seine Persönlichkeit geformt haben?
  • Motivation und Ziele: Was treibt den Charakter an? Welche Ziele verfolgt er? Warum hat er sich entschieden, ein Abenteurer zu werden?
  • Stärken und Schwächen: Welche besonderen Fähigkeiten, Talente oder Kenntnisse hat der Charakter aufgrund seiner Vergangenheit erworben? Welche Schwächen, Ängste oder Probleme bringt er mit?
  • Geheimnisse und Konflikte: Gibt es Geheimnisse in der Vergangenheit des Charakters, die im Laufe des Spiels enthüllt werden könnten? Welche inneren oder äußeren Konflikte beschäftigen ihn?
  • Beziehungen: Welche Beziehungen hat der Charakter zu anderen Personen, Organisationen oder Orten in der Spielwelt? Gibt es Verbündete, Rivalen, Mentoren oder offene Rechnungen?

Verbindung zur Spielwelt

Eine gute Hintergrundgeschichte sollte eng mit der Spielwelt und dem Setting des Rollenspiels verknüpft sein. Der Charakter sollte kein Fremdkörper sein, sondern aus der Welt stammen und durch seine Vergangenheit mit ihr verbunden sein. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen:

  • Ortsspezifische Hintergründe: Die Herkunft des Charakters aus einer bestimmten Region, Stadt oder einem Dorf kann seine Fähigkeiten, seine Sprache, seine Kultur und seine Beziehungen beeinflussen.
  • Ereignisbezogene Hintergründe: Der Charakter kann in wichtige historische oder aktuelle Ereignisse der Spielwelt verwickelt gewesen sein, z. B. in einen Krieg, eine Naturkatastrophe oder ein politisches Attentat.
  • Organisationszugehörigkeit: Der Charakter kann Mitglied einer Organisation, Gilde, eines Ordens oder einer anderen Gruppierung sein oder gewesen sein, die in der Spielwelt eine Rolle spielt.
  • Persönliche Verbindungen: Der Charakter kann Beziehungen zu wichtigen Nicht-Spieler-Charakteren (NSCs) haben, z. B. zu Familienmitgliedern, Freunden, Mentoren oder Feinden.

Indem man die Hintergrundgeschichte mit der Spielwelt verknüpft, schafft man Anknüpfungspunkte für das Rollenspiel und erleichtert es dem Spielleiter, den Charakter in die Handlung einzubinden.

Hintergrundgeschichte und Charakterentwicklung

Die Hintergrundgeschichte ist nicht nur eine statische Beschreibung der Vergangenheit des Charakters, sondern auch eine Grundlage für seine Entwicklung und seine Motivationen im Spiel. Sie kann erklären, warum der Charakter bestimmte Ziele verfolgt, welche Ängste und Hoffnungen er hat und wie er auf bestimmte Situationen reagiert.

  • Ziele und Träume: Die Hintergrundgeschichte kann die langfristigen Ziele und Träume des Charakters begründen, z. B. den Wunsch, ein verlorenes Erbe wiederzufinden, Rache an einem Feind zu üben oder die Welt zu verändern.
  • Ängste und Traumata: Prägende Erlebnisse in der Vergangenheit können zu Ängsten, Traumata oder anderen psychologischen Narben geführt haben, die das Verhalten des Charakters beeinflussen und ihm Ecken und Kanten verleihen.
  • Werte und Überzeugungen: Die Hintergrundgeschichte kann die Werte und Überzeugungen des Charakters formen, z. B. seinen Sinn für Gerechtigkeit, seine Loyalität gegenüber bestimmten Personen oder Organisationen oder seinen Glauben an eine bestimmte Sache.
  • Entwicklungspotenzial: Eine gute Hintergrundgeschichte bietet Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung des Charakters im Spiel. Der Charakter kann sich seinen Ängsten stellen, seine Ziele erreichen oder scheitern und an seinen Erfahrungen wachsen.

Tipps für das Schreiben einer Hintergrundgeschichte

Hier sind einige Tipps für das Schreiben einer fesselnden und nützlichen Hintergrundgeschichte:

  • Halte es kurz und prägnant: Eine gute Hintergrundgeschichte muss nicht seitenlang sein. Konzentriere dich auf die wichtigsten und prägendsten Ereignisse und Merkmale. Ein oder zwei Seiten reichen oft völlig aus.
  • Gib dem Spielleiter Anknüpfungspunkte: Biete dem Spielleiter Möglichkeiten, die Hintergrundgeschichte in die Kampagne einzubauen, z. B. durch die Erwähnung von wichtigen NSCs, Orten oder Ereignissen.
  • Lass Raum für Entwicklung: Beschreibe nicht jedes Detail der Vergangenheit deines Charakters. Lass einige Lücken und Geheimnisse offen, die im Laufe des Spiels gefüllt oder enthüllt werden können.
  • Sei flexibel: Sei bereit, deine Hintergrundgeschichte anzupassen oder zu erweitern, wenn es die Erfordernisse des Spiels oder die Ideen der anderen Spieler verlangen.
  • Arbeite mit dem Spielleiter zusammen: Sprich mit deinem Spielleiter über deine Ideen und stimme die Hintergrundgeschichte auf das Setting und die geplante Kampagne ab.
  • Verwende "Show, don't tell": Anstatt die Eigenschaften deines Charakters einfach nur aufzuzählen, überlege dir Ereignisse oder Anekdoten aus seiner Vergangenheit, die diese Eigenschaften verdeutlichen.
  • Vermeide Klischees: Versuche, originelle und einzigartige Ideen zu entwickeln, anstatt dich auf abgedroschene Klischees zu verlassen.
  • Mach deinen Charakter nicht zu mächtig: Eine Hintergrundgeschichte, in der dein Charakter schon vor Beginn des Spiels die tollsten Heldentaten vollbracht hat, wirkt schnell unglaubwürdig und übertrieben.

Beispiele für Hintergrundgeschichten

Hier sind einige kurze Beispiele für Hintergrundgeschichten, die als Inspiration dienen können:

  • Der gefallene Adlige: Dein Charakter stammt aus einer angesehenen Adelsfamilie, wurde aber durch eine Intrige oder einen Skandal um sein Erbe gebracht. Nun sinnt er auf Rache und will seinen rechtmäßigen Platz in der Gesellschaft zurückerobern.
  • Der reuige Dieb: Dein Charakter war früher Mitglied einer Diebesgilde, hat sich aber von seinem kriminellen Leben abgewandt, nachdem er fast erwischt worden wäre oder eine geliebte Person durch seine Taten zu Schaden gekommen ist. Nun versucht er, seine Schuld wiedergutzumachen und ein ehrliches Leben zu führen.
  • Der heimatlose Wanderer: Das Dorf deines Charakters wurde von Monstern oder Banditen zerstört, und er ist einer der wenigen Überlebenden. Nun zieht er durch die Welt, auf der Suche nach einem neuen Zuhause und vielleicht auch nach Rache.
  • Der entflohene Sklave: Dein Charakter wurde in die Sklaverei geboren, konnte aber fliehen und sucht nun nach Freiheit und einem Weg, die Sklaverei zu bekämpfen.
  • Der gescheiterte Schüler: Dein Charakter hat eine magische Akademie oder einen anderen Ausbildungsort besucht, konnte seine Ausbildung aber nicht abschließen. Nun versucht er, auf eigene Faust seinen Weg zu finden und seinen Wert zu beweisen.

Häufige Fehler und wie man sie vermeidet

Beim Schreiben einer Hintergrundgeschichte gibt es auch einige Fallstricke, die man vermeiden sollte:

  • Zu lang und detailliert: Eine zu lange und detaillierte Hintergrundgeschichte kann den Spieler und den Spielleiter überfordern. Konzentriere dich auf das Wesentliche und lass Raum für Entwicklungen im Spiel.
  • Zu unglaubwürdig oder übertrieben: Wenn die Hintergrundgeschichte zu fantastisch oder übertrieben ist, kann sie unglaubwürdig wirken und die Immersion stören. Halte dich an die Vorgaben des Settings und der Spielwelt.
  • Zu viele Geheimnisse: Geheimnisse können interessant sein, aber wenn ein Charakter nur aus Geheimnissen besteht, kann es schwierig werden, ihn zu spielen und in die Gruppe zu integrieren.
  • Keine Anknüpfungspunkte: Eine gute Hintergrundgeschichte sollte Anknüpfungspunkte für den Spielleiter und die anderen Spieler bieten. Wenn sie völlig losgelöst vom Rest der Spielwelt ist, kann sie nur schwer ins Spiel integriert werden.
  • Unflexibilität: Sei nicht zu starr an deiner Hintergrundgeschichte fixiert. Sei bereit, sie im Laufe des Spiels zu verändern und an die Ereignisse und die Entwicklung deines Charakters anzupassen.

Wie man die Hintergrundgeschichte im Spiel nutzt

Eine gut ausgearbeitete Hintergrundgeschichte ist nicht nur Beiwerk, sondern kann aktiv im Spiel genutzt werden:

  • Als Motivation für den Charakter: Die Ziele, Ängste und Werte, die in der Hintergrundgeschichte etabliert wurden, können als Motivation für die Handlungen des Charakters im Spiel dienen.
  • Als Aufhänger für Abenteuer: Der Spielleiter kann Elemente aus der Hintergrundgeschichte verwenden, um Abenteuer zu gestalten, die den Charakter persönlich betreffen oder in einen direkten Bezug zu seiner Vergangenheit stehen.
  • Für das Rollenspiel: Die Hintergrundgeschichte liefert Anhaltspunkte für das Verhalten, die Sprache und die Reaktionen des Charakters in verschiedenen Situationen.
  • Für die Interaktion mit NSCs: Der Charakter kann auf NSCs treffen, die mit seiner Vergangenheit verbunden sind, z. B. alte Freunde, Feinde oder Familienmitglieder.
  • Für die Charakterentwicklung: Die Hintergrundgeschichte kann als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung des Charakters dienen. Der Charakter kann sich seinen Ängsten stellen, seine Ziele erreichen oder scheitern und an seinen Erfahrungen wachsen.

Fazit

Die Hintergrundgeschichte ist ein wichtiges Element der Charaktererschaffung in vielen Pen-and-Paper-Rollenspielen. Sie verleiht dem Charakter Tiefe, Persönlichkeit und Motivation und hilft dem Spieler, sich in die Rolle hineinzuversetzen. Eine gut geschriebene Hintergrundgeschichte ist mit der Spielwelt verbunden, bietet Anknüpfungspunkte für das Rollenspiel und die Entwicklung des Charakters und bereichert das gesamte Spielerlebnis. Indem man sich Gedanken über die Vergangenheit seines Charakters macht und sie mit dem Spielleiter und den Mitspielern abstimmt, kann man eine solide Grundlage für spannende Abenteuer und unvergessliche Geschichten am Spieltisch schaffen.