Das d20-System in Pen-and-Paper-Rollenspielen

Erfahre alles über das d20-System in Pen-and-Paper-Rollenspielen (P&P RPGs). Was ist das d20-System, wie funktioniert es und welche Spiele verwenden es?

Was ist das d20-System?

Das d20-System ist ein Regelwerk für Pen-and-Paper-Rollenspiele (P&P RPGs), das auf dem Einsatz eines zwanzigseitigen Würfels (W20, engl. d20) basiert, um den Ausgang von Aktionen und Proben zu bestimmen. Es wurde ursprünglich für die dritte Edition von *Dungeons & Dragons* (D&D 3.0) entwickelt und später unter der Open Game License (OGL) veröffentlicht, was es anderen Verlagen ermöglichte, eigene Spiele auf Basis des d20-Systems zu entwickeln. Das d20-System ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Regelsysteme im Bereich der P&P RPGs.

Die Geschichte des d20-Systems

Das d20-System wurde von Wizards of the Coast im Jahr 2000 als Regelbasis für die dritte Edition von *Dungeons & Dragons* eingeführt. Es ersetzte das uneinheitliche und oft als kompliziert empfundene Regelsystem der vorherigen Editionen (Advanced Dungeons & Dragons) und vereinheitlichte die Spielmechanik durch die zentrale Verwendung des W20. Ein wichtiges Ziel der Entwickler war es, das System zugänglicher und leichter erlernbar zu machen.

Mit der Veröffentlichung der System Reference Documents (SRD) unter der Open Game License (OGL) ermöglichte Wizards of the Coast anderen Verlagen, das d20-System für eigene Produkte zu nutzen und zu modifizieren. Dies führte zu einer wahren Flut an d20-basierten Spielen und Erweiterungen, die oft als die "d20-Ära" bezeichnet wird.

Die grundlegende Spielmechanik

Das Herzstück des d20-Systems ist die d20-Mechanik. Sie basiert auf dem Prinzip, dass die meisten Aktionen im Spiel durch einen Wurf mit dem W20 entschieden werden. Hier sind die grundlegenden Schritte:

  1. Wurf mit dem W20: Der Spieler würfelt mit einem zwanzigseitigen Würfel.
  2. Modifikatoren hinzufügen: Zum Würfelergebnis werden relevante Modifikatoren addiert. Diese ergeben sich in der Regel aus den Attributen, Fertigkeiten und der Ausrüstung des Charakters sowie aus situationsbedingten Boni oder Mali.
  3. Vergleich mit dem Zielwert: Das Gesamtergebnis wird mit einem Zielwert verglichen, der auch als Schwierigkeitsgrad oder Rüstungsklasse (im Kampf) bezeichnet wird. Dieser Wert wird entweder vom Spielleiter festgelegt oder ergibt sich aus den Werten eines Gegners.
  4. Erfolg oder Misserfolg: Ist das Gesamtergebnis gleich oder höher als der Zielwert, ist die Aktion erfolgreich. Liegt es darunter, scheitert die Aktion.

Ein Beispiel: Ein Krieger möchte einen Orks angreifen. Der Spieler würfelt mit dem W20 und erhält eine 12. Dazu addiert er den Stärkemodifikator des Kriegers (+3) und seinen Angriffsbonus (+5). Das Gesamtergebnis ist 20. Der Ork hat eine Rüstungsklasse von 18. Da die 20 größer oder gleich 18 ist, trifft der Krieger den Ork.

d20 und die Open Game License (OGL)

Die Open Game License (OGL) ist eine öffentliche Lizenz, die es erlaubt, die grundlegenden Regeln des d20-Systems (veröffentlicht in den System Reference Documents, SRD) für eigene Spiele und Erweiterungen zu verwenden, zu modifizieren und zu veröffentlichen. Die OGL hat maßgeblich zur Verbreitung und Popularität des d20-Systems beigetragen, da sie es vielen kleinen und unabhängigen Verlagen ermöglichte, auf einer bewährten und bekannten Regelbasis aufzubauen.

Einige wichtige Punkte der OGL sind:

  • Sie erlaubt die freie Nutzung und Weiterverbreitung der lizenzierten Inhalte.
  • Sie erfordert die Nennung der Originalautoren und der OGL selbst.
  • Sie verbietet die Verwendung von bestimmten geschützten Inhalten (sogenanntes "Product Identity"), wie z.B. Namen von spezifischen Charakteren, Orten oder Organisationen aus D&D.

Bekannte Spiele, die das d20-System verwenden

Neben *Dungeons & Dragons* (3., 3.5 und teilweise 5. Edition) gibt es viele weitere Spiele, die das d20-System oder eine Variante davon verwenden. Einige der bekanntesten sind:

  • Pathfinder: Ein sehr erfolgreiches Fantasy-Rollenspiel, das auf der 3.5 Edition von D&D basiert und von Paizo Publishing entwickelt wurde.
  • Star Wars Roleplaying Game (Saga Edition): Eine Umsetzung des d20-Systems für das *Star Wars*-Universum.
  • d20 Modern: Ein Ableger des d20-Systems für moderne Settings, der auch für Subgenres wie Urban Fantasy oder Agententhriller verwendet werden kann.
  • Mutants & Masterminds: Ein Superhelden-Rollenspiel, das auf dem d20-System basiert.
  • True20: Eine vereinfachte und generische Variante des d20-Systems.

Darüber hinaus gibt es unzählige mehr oder weniger bekannte Spiele und Erweiterungen, die unter der OGL veröffentlicht wurden und das d20-System in irgendeiner Form nutzen.

Varianten und Weiterentwicklungen des d20-Systems

Das d20-System wurde im Laufe der Zeit in verschiedene Richtungen weiterentwickelt und modifiziert. Einige bemerkenswerte Varianten sind:

  • Pathfinder: Wie bereits erwähnt, basiert *Pathfinder* auf der 3.5 Edition von D&D, hat aber viele Regeln überarbeitet und erweitert. Es gilt als komplexere und detailreichere Version des d20-Systems.
  • 13th Age: Entwickelt von ehemaligen D&D-Designern, kombiniert *13th Age* Elemente des d20-Systems mit erzählerischen Mechaniken und einem Fokus auf die Beziehungen der Charaktere zu mächtigen Ikonen der Spielwelt.
  • Mutants & Masterminds: Passt das d20-System an das Superhelden-Genre an, mit einem flexiblen System zur Erschaffung von Superkräften.
  • True20: Vereinfacht das d20-System, indem es z. B. auf Klassen und Stufen verzichtet und stattdessen ein fertigkeitsbasiertes System verwendet.

Stärken des d20-Systems

Das d20-System hat einige bemerkenswerte Stärken, die zu seiner Popularität beigetragen haben:

  • Einfache Grundmechanik: Die zentrale d20-Mechanik (W20 + Modifikator gegen Zielwert) ist leicht zu verstehen und anzuwenden.
  • Zugänglichkeit: Durch die weite Verbreitung von D&D und die OGL sind viele Spieler bereits mit dem System vertraut oder finden leicht Zugang dazu.
  • Flexibilität: Das d20-System kann an verschiedene Genres und Settings angepasst werden, wie die vielen auf d20 basierenden Spiele beweisen.
  • Große Auswahl an Material: Aufgrund der OGL gibt es eine riesige Menge an Material und Erweiterungen für das d20-System, sowohl von Wizards of the Coast als auch von Drittanbietern.
  • Bekanntheitsgrad: Die Bekanntheit des Systems erleichtert es, Mitspieler und Gruppen zu finden.

Schwächen des d20-Systems

Trotz seiner Beliebtheit hat das d20-System auch einige Schwächen:

  • Komplexität: Insbesondere in der 3. und 3.5 Edition von D&D und in *Pathfinder* kann das System sehr komplex und regellastig sein, mit vielen verschiedenen Werten, Modifikatoren und Ausnahmeregeln.
  • Hohe Zufallskomponente: Der W20-Wurf hat einen relativ großen Einfluss auf den Ausgang einer Aktion, was von manchen Spielern als zu zufällig empfunden wird.
  • Balance-Probleme: In manchen d20-Spielen, insbesondere in D&D 3.5 und *Pathfinder*, gibt es Kritik an der Spielbalance, da bestimmte Klassen, Talente oder Zaubersprüche deutlich mächtiger sein können als andere.
  • "Linearer Kämpfer, quadratischer Zauberer": Ein Kritikpunkt an D&D 3.5 und ähnlichen Spielen ist, dass kampfbasierte Klassen auf höheren Stufen im Vergleich zu Zauberwirkern stark abfallen und weniger Möglichkeiten haben.
  • Nicht für jedes Genre geeignet: Das d20-System mit seinem Fokus auf Kampf und Abenteuer eignet sich nicht unbedingt für jedes Genre oder jeden Spielstil.

Fazit

Das d20-System ist eines der prägendsten und erfolgreichsten Regelsysteme in der Geschichte der Pen-and-Paper-Rollenspiele. Seine einfache Grundmechanik, die große Flexibilität und die weite Verbreitung durch die Open Game License haben es zu einer beliebten Wahl für viele Spieler und Verlage gemacht. Ob in Form von *Dungeons & Dragons*, *Pathfinder* oder einem der unzähligen anderen d20-basierten Spiele, das System hat die Welt der P&P RPGs nachhaltig beeinflusst und wird sicherlich auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.